ALZEY-WORMS - Wer Christine Müller zu Hause besucht, bemerkt sofort ein Schieferherz. Darauf steht: „Ein Herz für Ruanda“. Der graue Stein ist nicht nur Begrüßungsschild, sondern auch Botschaft. Denn: Christine Müller, Geschäftsführerin des Fördervereins Ruanda Alzey-Worms, hat ein Herz für das afrikanische Land. Seit vielen Jahren ist es ein fester Teil ihres Lebens.
Vor kurzem hat die ehemalige Landtagsabgeordnete und CDU-Politikerin Ruanda besucht. Es war der achte Besuch seit 2000. Damals hat sie das Fieber gepackt, wie ihr Mann Joachim sagt. Kein ansteckender, böser Virus. Sondern die tiefe Verbundenheit zu dem ostafrikanischen Land und seinen Menschen. Aus dieser Verbundenheit ist ein Versprechen geworden. Das Versprechen, den Menschen, vor allem den Kindern, zu helfen.
Acht Kreis-Schulen fördern Projekte in Ruanda
Acht Projekte betreut und unterstützt der Förderverein Partnerschaft Ruanda Alzey-Worms. Für zwei Primarschulen und eine Berufsschule ist die Eicherin auf der Suche nach neuen, weiteren Kooperationen. Rund 240 000 Euro konnte sie mit dem Verein bisher sammeln und in das afrikanische Hügelland, das sich zwar enorm entwickle, aber vor allem auf dem Land und in den Bergregionen weiter bitterarm sei, schicken. „Ein kleiner Beitrag, wenn man sich die Summen anschaut, die in der Entwicklungsarbeit ausgegeben werden“, sagt die 67-Jährige. Aber ein Beitrag, der etwas bewegt hat.
PARTNERSCHAFT RUANDA ALZEY-WORMS
Der Förderverein Partnerschaft Ruanda Alzey-Worms wurde 2001 in Alzey auf Initiative von Christine Müller gegründet. Seit 2009 ist der Alzeyer Bürgermeister Christoph Burkhard Vorsitzender.
Seit seiner Gründung hat der Förderverein insgesamt 240 000
Euro an Spenden nach Ruanda geschickt. Die Mitgliedschaft kostet 24 Euro im
Jahr.Â
Mit dem Geld wurden Schulen gebaut, Tische und Tafeln angeschafft sowie an manchen Stellen der Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht. Schon für 1000 Euro könne man zwei, drei Klassensäle einrichten. Für zwei Pizzen könne ein neuer Stuhl gebaut, für den Preis einer Kinokarte eine Schuluniform finanziert werden, sagt Müller. Deshalb wirbt sie immer und immer wieder im Landkreis Alzey-Worms für Unterstützung. Bei Schulen, bei Betrieben, bei Politikern, bei Privatpersonen. Mit Erfolg.
Acht Schulen aus dem Kreis unterstützen die Primar- und Berufsschulen sowie eine Behinderteneinrichtung. So organisiert die Grundschule Eich Spendenläufe für ihre ruandische Partnerschule in Kiziguro. Die Eicher Realschule plus macht bei der „Aktion Tagwerk – Dein Tag für Afrika“ mit und hilft damit der Ruhunga Protestant Primary School. Und das AWO-Team organisiert Hofmärkte, deren Erlös gespendet wird. In vielen Schulen, wie etwa der Gustav-Heinemann-Realschule plus in Alzey, gibt es außerdem Projektwochen, in denen ruandisch gekocht wird. Auch dort berichtet Müller von ihrem Engagement.
Am Ende des Tages geht es Müller, die auch im Kreistag sitzt, nicht nur ums Geld. Sondern darum, ein Bewusstsein zu schaffen bei den Menschen, denen es gut geht. „Die können doch einen Teil abgeben“, sagt die 67-Jährige. Sei es durch eine Spende. Sei es, indem man das „wunderschöne Land“ besuche und eine geführte Tour zum Vulkan-Nationalpark mit Beobachtung der Berggorillas unternehme – und mit dem ausgegebenen Geld etwas für den Schutz der Tiere tue.
Den Menschen vor Ort will die Geschäftsführerin des Fördervereins helfen, indem sie Bildung „befähigt werden“, wie Müller sagt – und anschließend den ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler zitiert. Der hatte mal davon gesprochen, dass, wenn der Wohlstand nicht nach Afrika komme, Afrika zu uns komme. Zur aktuellen Debatte über Flucht und Migration sagt sie: „Alles, was wir da machen können, ist besser, als was wir hier für die Menschen machen können.“
Die Politikerin nennt ein Beispiel. Es geht um Straßenbau in den ruandischen Hügeln. Die Arbeiter seien nicht in der Lage, den Weg komplett in Eigenregie zu bauen. Es fehle etwa das Wissen, wie man eine Vermessung richtig durchführe. Den Bau übernähmen dann andere, zum Beispiel Chinesen. „Wir müssen und wollen dahin kommen, dass die Bevölkerung das selbst hinkriegt. Wir müssen sie befähigen.“ Deshalb sei übrigens auch die Partnerschaft des Landes Rheinland-Pfalz mit Ruanda einzigartig. Denn die ziele auf eine echte Partnerschaft im alltäglichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben ab. Auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt. Und mit dem Ziel, die Menschen zu schulen. „Kein Land, außer Rheinland-Pfalz, ist dort sonst ohne Eigennutz“, sagt die Eicherin.
Wenn sie selbst in Ruanda ist, so wie vor kurzem, dann spürt
Christine Müller die Dankbarkeit der Menschen. Sie bekommt Bilder überreicht,
geflochtene Körbe – so viel, dass sie gar nicht alles mitnehmen kann. Zur
Begrüßung gibt’s für sie und ihren Mann immer erstmal einen Tanz, erzählt sie.
„Für jede Stimmung haben sie einen eigenen. Und nach dem Empfang muss ich immer
mittanzen.“
Von Bastian Hauck